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Die Welt der CI-Nachsorge wächst. Wandel ist unvermeidlich.

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Doch in welche Richtung wird er führen? Ein aktuelles Beispiel gibt die „hörwelt Freiburg GmbH“.
Freiburg ist nach Hannover DIE deutsche Pionier-Stätte der Cochlea-Implantat-Technik mit all ihrem Drumherum. Die Implantate setzt dort seit mehr als zwei Jahrzehnten Professor Roland Laszig mit seinem Team in der Uniklinik. Um die Nachsorge und das sonstige „Drumherum“ kümmert sich, gleich auf dem Campusweiten Gelände des Klinikums, das Implant Centrum Freiburg. Eine Deutschlandkarte im Foyer steckt voller Fähnchen: die Freiburger Patienten stammen aus allen Winkeln der Republik – und nicht wenige auch aus dem nahen oder ferneren Ausland.
Patienten, die zur Erst-Anpassung oder Nachsorge ins Implant Centrum kommen, benötigen Prozessoren oder sonstiges Zubehör, vielleicht auch nur neue Batterien. Um die Wege kurz zu halten, gründeten Otmar Gerber und Jürgen Roth 2005 ein kleines Unternehmen, sozusagen als Ausgründung aus der Universität: die Implant Service Freiburg Ltd.&Co. KG. 2011 erfolgte die Umwandlung in eine GmbH. Und ganz so klein ist das Unternehmen auch nicht mehr. Es hat inzwischen 20 Beschäftigte und seit 2016 einen zweiten Standort außerhalb des Klinikums. Und einen neuen Namen hat es auch: Hörwelt Freiburg GmbH. Roth: „Wir wollen für die Welt des Hörens da sein. Bimodal versorgte Menschen rennen sonst mit dem Hörgerät zum Akustiker und mit dem CI fahren sie nach Freiburg.“
„Der Anzahl der Menschen, die eine ambulante Langzeitversorgung benötigen, wächst,“ rechnet Jürgen Roth vor: „Allein hier in Freiburg werden jedes Jahr 200-250 Implantate gesetzt.“ Die Langzeitversorgung dauert lebenslang. Die Kliniken selbst sind mit der Langzeitversorgung so vieler Patienten zunehmens überfordert. Eine wohnortnahe Versorgung wäre wünschenswert, ist aber nicht ohne weiteres möglich. Oft versuchen Hörakustiker die Lücke zu füllen.
Zwei technische Welten wachsen zusammen: viele Geräte, die im CI-Umfeld gebraucht werden, sind für Träger von Hörgeräten genauso nützlich. Roths Compagnon Otmar Gerber hat sich zum Hörakustiker-Meister fortgebildet. Nur wenige Hörakustiker quer durch die Republik, erwerben die Qualifikation, auch Cochlear-Implantate einzustellen.
Die Herstellerfirmen helfen, bieten Kurse an. Doch die Berufsbezeichnungen „Audiologe“ oder „CI-Akustiker“ (laut Roth „eine nette Erfindung“) sind nicht geschützt. Technisches Wissen allein, das bestätigt jeder Fachmann, genügt nicht. Große Erfahrung ist vonnöten – und die Fähigkeit, sich auf jeden Einzelfall einzustellen. Roth: „Bevor bei uns ein Mitarbeiter an eine Tastatur gelassen wird, muss er erst einige Monate ‚mitlaufen‘.“
Die „winzige Kammer“, in der Roth nach eigenen Worten damals an Computern zu basteln begann, verhält sich zur neuen „Hörwelt“ wie eine Raupe zum Schmetterling.
Zeitgemäße CI-Nachsorge findet in einer High-Tech-Welt statt - die aber zugleich anheimelnd sein soll. Viele Patienten verbringen hier viel Zeit, nicht wenige sind ängstlich. Und: auch
kleine und kleinste Kinder sollen sich wohlfühlen. Die Einstellung der CI-Prozessoren
erfordert die Mitarbeit der Patienten.
Patienten sind zudem mit den unterschiedlichsten Implantaten und Prozessoren ausgestattet.
Für alle neueren und älteren Produkte aller Hersteller Zubehör und Ersatzteile vorrätig zu
halten, erfordert großen Kapitaleinsatz und ein umfangreiches Lager. Deshalb glaubt Jürgen
Roth auch nicht, dass demnächst jeder Akustiker CI-Anpassungen anbieten wird: „Da ist,
neben Kapital, komplexes Wissen gefragt, zu einem schnelllebigen Thema, das ständige
Weiterbildung erfordert.“ Für das beste Erfolgsrezept – ob in der Hörakustik oder in der CINachsorge
– hält er ohnehin, „wenn Patienten sagen: der hat mich auf den richtigen Weg
gebracht, dem bleibe ich treu.“
Jürgen Roths eigener Werdegang ist sicher nicht typisch, aber bezeichnend. 1993 fand er –
wie auch sein Partner Otmar Gerber - als Zivildienstleistender ans Klinikum; just zu der Zeit,
als Professor Laszig dort mit Implantaten zu forschen begann. „Ich hatte Medizintechnik
gelernt,“ erzählt Roth, „und Professor Laszig arbeitete mit Computern. Das war damals noch
ziemlich neu, und er brauchte jemanden, der damit umzugehen verstand. Ich sagte: Ja, das
mache ich. Mir gefiel, dass ich aus dem Labor heraus mit Menschen zu tun hatte.“
Manchmal entscheiden Augenblicke über Lebenswege.


Artikel aus der Fachzeitschrift „Schnecke“, Interview von Herrn U. Knüpfer

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